Den Ausgang der Militäraktion zur Durchsetzung einer Flugverbotszone über Libyen und zum Schutz gegen Angriffe auf Zivilisten kennen wir nicht. Sie war aber notwendig - und entwickelte sich vor dem Hintergrund der neuen US-Außenpolitik. Die hat Präsident Barack Obama in seiner Inaugurationsrede in Grundzügen dargelegt, er hat sie später, unter anderem in Kairo, detailliert beschrieben. Jetzt wird sie bei einem Konflikt umgesetzt, der vollständig in die Amtszeit Obamas und Clintons fällt. Dabei ging Obama selbst eher zögerlich vor, seine Außenministerin Hillary Clinton hingegen ohne Wimpernzucken. Ihre Rede am Samstag in Paris war eine Demonstration.

Diese neue Linie verhält sich zur Außenpolitik der Regierung Bush wie Tag und Nacht - vor allem, weil sich Obama und Clinton nun auch praktisch vom amerikanischen Führungs- und Herrschaftsanspruch verabschiedet haben. Aber trotzdem die Chance ergreifen, das fast überall ramponierte bis zerstörte Image der USA als befreiende Kraft wiederherzustellen. Wie versuchen sie das?

1.) Die seit Ronald Reagan (und nur unter Bill Clinton zeitweilig ausgesetzte) Missachtung und Marginalisierung der Uno wurde aufgegeben. Dem Sicherheitsrat, den man im Vorfeld des Irakkriegs zu manipulieren versuchte, wird wieder eine zentrale Rolle beigemessen.

2.) Erstmals anerkennt eine US-Regierung die Arabische Liga als Partner und gibt damit die Methode der hegemonialen Bevormundung der arabischen Welt auf - was das Regime im Iran vor erhebliche Probleme stellen wird. Ebenso den Kreml. Und Israel.

3.) Eine Militäraktion wurde nicht mehr (wie bei früheren Mega-Konflikten - siehe Vietnam, siehe Irak) mit falschen Behauptungen wie etwa der Existenz von Massenvernichtungswaffen oder inszenierten "Angriffen" begründet. Die Attacken der Gaddafi-Soldaten auf Zivilisten sind real, die Nicht-Einhaltung der angekündigten Waffenruhe ebenfalls. Obama hat eine solide moralische Grundlage für die Intervention in Nordafrika.

4.) Es gibt keine Differenz zwischen den USA einerseits, den Franzosen und Deutschen andererseits, die rhetorisch dabei sind, de facto aber fast so "neutral" wie die deshalb immer belächelten Österreicher. Hillary Clinton hat sogar die "leadership" des Machos Sarkozy gelobt. Mächtiges Brustschwellen im Élysée-Palast war die Folge. Und ein innenpolitisches Plus.

5.) Mit dem Verzicht auf den Einsatz von Bodentruppen wurde zwar einem Wunsch der Arabischen Liga entsprochen. Aber die USA und ihre Partner tragen auch einer wichtigen Erfahrung Rechnung: Damit kann man keine Kriege mehr gewinnen.

Dass es überhaupt am Samstagnachmittag zum Auftritt der französischen Kampfjets über Libyen kam, ist ein Zeichen für einen erstarkten Westen - und für die (offenbar auch von Russland und China) akzeptierte Schlüsselrolle des UN-Sicherheitsrats. Muammar al-Gaddafi hat diese Vorgänge massiv unterschätzt, das Gremium samt Resolution für einen Papiertiger gehalten. Jetzt spürt er eine echte Pranke. (Gerfried Sperl/DER STANDARD, Printausgabe, 21.3.2011)